Nymphenburg Süd, das Gebiet an der Schlossmauer, ist nun bebaut. Auch hinter dem Hirschgarten ist ein riesiges neues Quartier entstanden, so wie zuvor an den Bahngleisen der Arnulfpark. München wächst weiter, auch auf lange Sicht. Und irgendwo müssen die Menschen ja hin. Ändert das unser Viertel so, dass wir es zu spüren bekommen? Eine Spurensuche.

In München wohnen laut Wikipedia 4.400 Einwohner pro Quadratkilometer. Wir leben in der am dichtesten besiedelten Stadt Deutschlands, gefolgt von Berlin mit 3.959, Stuttgart mit 2.958 und Hamburg mit 2.400 Menschen auf einer Grundfläche von 1.000 mal 1.000 Metern. Ist das viel? Und wie sieht es gerade in unserem Stadtbezirk aus?

In Neuhausen-Nymphenburg leben 7.464 Menschen auf einem Quadratkilometer. In Schwabing West sind es mehr als doppelt soviele. Zwei letzte Zahlen zu diesem Thema: Bayernweit leben 179 Personen auf dieser Fläche, in Manhattan sind es 27.476. Keine Überraschung eigentlich, denn dort ragen Häuser ja in den Himmel hinein.

Die Münchner Abendzeitung hatte jüngst ausgerechnet, welche Viertel seit 2006 am meisten gewachsen sind. Neuhausen-Nymphenburg liegt auf dem dritten Platz: zehn Prozent Zuwachs wurden verzeichnet. An der Spitze steht Trudering-Riem mit 21,3 Prozent, dem folgt die Schwan-thalerhöhe mit 11,8 Prozent.

Das Referat für Stadtplanung und Bauordnung, befragt nach Zahlen zu uns betreffenden Neubaugebieten entlang der Bahnstrecken, sieht diese Größenordnung: Der Arnulfpark nimmt 2.100 Einwohner auf und bietet 7.300 Arbeitsplätze. Beim Birketweg am Hirschgarten wird die Zahl 6.000 für beide Faktoren ins Spiel gebracht. In Nymphenburg Süd geht man von 2.400 Einwohnern und 1.050 Arbeitsplätzen aus.

Wird es eng für uns? Oder merken wir gar nichts von der Veränderung? Gibt es vielleicht sogar positive Aspekte? Uns Optimisten interessieren natürlich besonders die Chancen, und darum schauen wir nach, was uns die Stadtentwickler versprochen haben.

In der Leitlinie „Qualitätsvolle und charakteristische Stadträume“ des schon erwähnten Referats der Landeshauptstadt heißt es: „Die Stadt folgt in ihrer räumlichen Entwicklung dem Grundsatz ‚kompakt, urban, grün‘.“ Es ist die Rede davon, dass die knappen Flächenreserven und der öffentliche Raum kreativ und verantwortungsvoll genutzt werden. Obwohl München sein attraktives Zentrum stärken will, „entwickelt die Stadt ihre polyzentrische und vernetzte Struktur funktionsfähiger Stadtteile … weiter.“

Im Zentrenkonzept 2010 ist der Rotkreuzplatz als eines – und im Viertel einziges – Stadtteilzentrum identifiziert. Das soll gestärkt werden, und zwar durch die Ansiedlung des Einzelhandels, sozialer und kultureller Einrichtungen sowie privater Dienstleistungen. Denn nur so entstehe eine Stadt der kurzen Wege im Sinne der nachhaltigen Stadtentwicklung. Wochenmärkte ergänzen übrigens die Nahversorgung und erfreuen sich großer Beliebtheit. Darum ist wohl auch außer dem Donnerstags-Wochenmarkt am Rotkreuzplatz ein Freitags-Bauernmarkt im Arnulfpark entstanden.

Krippen, Kindergärten und zwei neue Grundschulen sind gebaut worden – vor allem zum Vorteil derer, die in unmittelbarer Nähe wohnen. Es gibt mehr Spiel- und Kommunikationsflächen für Kinder und Jugendliche und auch ein Plus bei der Kultur: Das Freiheiz im ehemaligen Heizkraftwerk wäre ohne die neuen Wohnquartiere wahrscheinlich nicht entstanden, auch nicht die große Skateranlage in Nymphenburg. Man muss davon ausgehen, dass auch die fürs Backstage bereitgestellte Fläche zu den Vorteilen der Stadtentwicklung zu zählen ist. Nicht zu vergessen: der neue S-Bahnhof Hirschgarten, von dem nicht nur Zuzügler profitieren. Die neue Sportanlage für den Eisenbahner-Sportverein. Die Erweiterung des Hirschgartens nach Süden in Richtung Bahntrasse.

Eine tolle Sache ist für viele Bewohner Neuhausen-Nymphenburgs die Entwicklung eines zusammenhängend nutzbaren Freiflächenbandes mit Fuß- und Radwegen entlang der Bahn. Eine erfreuliche Entwicklung für die Gewerbetreibenden im Viertel ist der Zuzug an Kaufkraft generell.

Zehn Prozent mehr Bürger sind vielleicht zehn Prozent mehr Kunden. Wird es gelingen, ein Wir-Gefühl im Stadtviertel zu erzeugen? Können und wollen wir die Neubürger an den Rotkreuzplatz und seine kleinen Subzentren binden? Zu wünschen wäre es. Seien wir doch mal ehrlich: Entstehen neue Ideen im Zentrum der Stadt, wo die internationalen Ketten jeden auch noch so absurden Mietpreis akzeptieren, um global einheitliche Produkte zu vertreiben? Wo schon Traditionsgeschäfte zu kämpfen haben? Oder ist es nicht eher so, dass Ideen im Miteinander geboren werden? Weil man Träume und Ideen hat und sich in die Augen schaut?

Ja, es ist ein wenig voller geworden in Neuhausen-Nymphenburg. Nutzen wir die Chance, uns neu zu erfinden. Wir lieben die wunderbare Neuhauser Geschichtswerkstatt und ihren Blick in vergangene Zeiten. Wir freuen uns aber auch sehr darüber, dass es eine Zukunft gibt, die wir gestalten können. Jeder kann mitmachen. Schön, wenn viele das tun! Das Leben ist dort, wo wir leben. (LocalLIFE!)