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Was macht einen guten Kaffee aus? Die Marke, sagen wir uns, und greifen zu Packungen, die unsere Mütter auch schon verwendeten. Dabei ist der Duft besonders wichtig, weil er morgens unsere Sinne weckt und am Tag zu Pausen ruft. Oder wir schwören auf eine Kaffeemaschine, die besonders viel Crema erzeugt. Die Qualität des Kaffees wird dabei mit äußeren Maßstäben gemessen. Stark gerösteter Kaffee riecht intensiv, richtig gepresst schäumt er gut auf. Aber wie steht es eigentlich um die inneren Werte?

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Sebastian Lösch, Peter Schlögl und Mojgan Ensafi, die Inhaber des „Mahlefitz“ in der Nymphenburger Straße 51, einer Kaffeerösterei mit angeschlossener Kaffeebar, gehen die Dinge anders an. Rösten? Ja, aber mit Gefühl. So wie ein gutes Stück Fleisch nicht dunkel gegrillt werden sollte, so darf auch beim Kaffee ein intensives Röstaroma nicht den Geschmack überdecken. Vor allem italienische Sorten seien davor nicht gefeit, sagen sie. Man schmecke nichts mehr von der Bohne – und bei den ursprünglichen Aromen einer guten Bohne sei das wirklich schade.

Was gute Bohnen sind, erahnen wir, als wir unsere Nasen zum ersten Mal über drei Tüten aus der hauseigenen Rösterei halten dürfen. Aromen von roten Beeren und gerösteten Haselnüssen, Bitterschokolade und Granatapfel steigen uns in die Nasen, verführerisch gut. Es ist ein Kaffeeduft, aber einer, den wir noch nie wahrgenommen haben. So fein, so differenziert. Peter Schlögl zeigt uns einen Artenbaum der Kaffeepflanze, der hunderte von Sorten dokumentiert. Jede Pflanze hat ihren eigenen Geschmack, je nach Sorte und Anbaugebiet, nach Boden und Wetterbedingungen – und je nachdem, was der Bauer daraus macht. Nicht nur beim Weinanbau bildet das Terroir Nuancen und Vielfalt aus.

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Es gibt Kaffeeplantagen, in denen die maschinellen Erntehelfer alles pflücken, was irgendwie zu greifen ist. Blattwerk, unreife Bohnen, überreife Früchte. Das ist rund um den Globus leider oft Normalität. Dem steht eine sorgfältige Lese gegenüber, wie sie beim gehobenen Weinanbau selbstverständlich ist. Der Bauer wählt nur Bohnen aus, die vollreif sind. Das macht Arbeit und bringt kleine Mengen hervor, besonders, wenn die Kaffeesträucher als Mischkultur in den Bergen zusammen mit anderen Pflanzen wachsen. Dennoch lohnt sich dieser Fleiß: Weltweit entwickelt sich eine gehobene Kaffeekultur. Dabei setzen die Skandinavier starke Akzente. Der Trend ist unübersehbar: Irgendwann wird die Kaffeeerzeugung so differenziert sein wie der Weinanbau es längst ist.

Sebastian Lösch gehört als mehrfacher Preisträger in diversen Barista-Meisterschaften seit langem zu dieser Szene. Er weiß, woher er den besten Rohkaffee beziehen kann, und hat sich das Ziel gesetzt, schon in nächster Zeit zu den weltbesten Kaffeeröstereien und Kaffeebars zu zählen. Seit 15 Jahren erforscht der Münchner alles, was mit diesem Thema zusammenhängt. Gemeinsam mit seinen Partnern steht der 1. Deutsche Latte-Art-Meister und 3. Deutsche Barista-Meister seit 31. Januar 2014 in den hellen, modernen und wunderschön eingerichteten Räumen des ehemaligen Schlecker-Ladens an der Ecke zur Adamstraße und entwickelt sein Lebensprojekt weiter. Längst hat das Team sein Wissen so verfeinert, dass es – bei bester Nachfrage – vorzügliche Kaffeebohnen in heller Röstung verkauft, exzellente Kaffees serviert und Schulungen über Kaffee anbietet. Wir trinken einen Cold Brew und sind beeindruckt, dass ein kalter Kaffee auf einem Eiswürfel serviert nicht nur die Farbe eines Whiskys haben kann, sondern auch einen vergleichbaren geschmacklichen Reichtum bietet. Ein Genuss!

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Bleiben die Preise zu reflektieren. In der Bar kostet der Espresso 2,50 Euro, der Cappuccino 3,50 Euro und der Brühkaffee im Kännchen 4 Euro, das ist für München nicht ungewöhnlich. Im Moment stehen Sorten wie „Kochere, mixed heirloom, natural“ oder „Kiwamururu, sl28 & sl34, washed“ auf der Karte. Grundsätzlich können alle Bohnen, die im Mahlefitz geröstet werden, auch dort verkostet werden.

Die Kaffeebauern erhielten ein Mehrfaches dessen, was üblicherweise für Fair-Trade-Produkte gezahlt wird. Sie können ihre Kinder auf die Schulen schicken und ein normales Leben führen. Ein Kilo Kaffeebohnen frisch aus der Rösterei ist ab 44 Euro erhältlich. Das klingt schon eher nach Sünde, aber man darf in diesem Kontext die Frage aufwerfen, wie viel wir für einen „Coffee to go“ zahlen und wie viel davon wir in einem Monat zu uns nehmen. Oder auch so gerechnet: Ein Kilo Nespresso ist ab 60 Euro erhältlich. Dabei sind weder der Straßenkaffee noch der Kapselkaffee bislang durch herausragenden Geschmack, sorgfältigen Anbau des Rohstoffs oder soziale Verantwortung besonders aufgefallen …

Unser Tipp: Einstündige Kaffeeverköstigungen unter professioneller Anleitung, freitags um 18 Uhr für 10 Euro. Anmeldung unter 089 45213763 oder über info@mahlefitz.de.