Alexandra Lukaschewitz ist Illustratorin und vor allem Papierkünstlerin. Sie liebt tierische Lebewesen und beobachtet diese sehr genau. Zahlreiche ihrer Arbeiten sind Vögeln und Kraken, aber auch Dinosauriern und Monstern gewidmet, die ihre Betrachter selbst in Augenschein nehmen und außergewöhnlich selbstbewusst, autonom und geheimnisvoll wirken. Wir besuchen Alexandra in ihrer Werkstatt mit angeschlossener kleiner Ausstellung in der Blutenburgstraße 51.

Inmitten von alten Tapetenrollen, bunten Papieren, antiquarischen Büchern wie „Der deutsche Pudel“ oder „Die Gestalt des Tieres“, Wolle und Federn unterhalten wir uns über das Leben und Arbeiten hier im Vinzenzviertel, wo Alexandra aufgewachsen und verwurzelt ist. Während wir uns Notizen à la „Laden ab 2006“ machen, schneidet Alexandra mit der Schere unentwegt Schuppen aus und federt diese dann mit schnellen kurzen Schnitten – schließlich steht Weihnachten vor der Tür und sie muss ein dekoratives Kundenprojekt zu Ende bringen. Die langen Novembernächte werden für sie eher kurze Nächte sein.

LocalLIFE: Alexandra, was machst du da eigentlich gerade?
Alexandra Lukaschewitz: Handarbeit. Fleißarbeit. Bevor ich nur ein einziges Tier oder wie in diesem Falle ein paar winterliche Bäume – und manchmal auch Kostüme – gestalten kann, nehme ich meine Schere und lege los, um die kaum zählbaren vielen einzelnen Bestandteile meiner Objekte herzustellen. Für einige Projekte wird das Papier auch schon einmal gerissen, das erzeugt wieder einen ganz anderen Charakter, etwa für ein Tier mit Fell.

LocalLIFE: Gibt es denn keine Hilfsmittel?
Alexandra Lukaschewitz: Härtere Materialien wie hochdichte Faserplatten oder Plexiglas schneide ich mit dem Laser. Bei meinen Papierarbeiten mag ich aber den dabei entstehenden Rand nicht, deshalb schneide ich Federn, Schuppen und Fell für meine Papierskulpturen so wie meine Scherenschnitte mit der Hand. Dadurch kann ich auf das Muster des Papiers besser eingehen, zum Beispiel bei Landkarten oder Texten. Ich möchte mit meiner Arbeit etwas zum Ausdruck bringen, und das fängt mit jedem einzelnen Schnipsel an, den ich ja später erst modelliere, damit er mehr Volumen erhält, bevor ich ihn schließlich an einem Körper befestige.

LocalLIFE: Du meinst diese Rohlinge aus Zeitungspapier, die hier auf dem Tisch stehen?
Alexandra Lukaschewitz: Ja. Aber Rohling klingt so, als würde ich sie in einem Baumarkt kaufen. Dabei ist jeder Korpus hier ein Unikat. Er ist genäht und gestopft, manchmal mit Draht verstärkt. Das Papier für die Füllung stammt übrigens meistens von Tageszeitungen.

LocalLIFE: Warum das?
Alexandra Lukaschewitz: Ich weiß, wie Papier funktioniert und habe da sehr genaue Vorstellungen, was wann passt. Das gilt für die Körper – und für das Äußere noch viel mehr. Manchmal nehme ich eine meiner Tapeten, manchmal verarbeite ich Seiten aus antiquarischen Büchern. Das Zerschneiden von Büchern kostet  mich allerdings immer ziemlich Überwindung.

LocalLIFE: Denkst Du beim Arbeiten schon an deine Kunden?
Alexandra Lukaschewitz: Bei den rein künstlerischen Arbeiten folge ich stark meiner inneren Logik. Aber ich weiß bereits, dass sich der Käufer und der Drache irgendwann finden müssen. Kaum jemand kauft einfach so eine Papierskulptur, ohne eine Verbindung zu spüren. Damit würde ich mich auch nicht wohlfühlen. In diesem Punkt bin ich selbst mein ärgster Feind.

LocalLIFE: Wie bereitest du dich auf einzelne Objekte vor? Wie erhalten die Tiere ihre Seele?
Alexandra Lukaschewitz: Das ist eine schwierige Frage. Bei einer Vorbereitung versuche ich nicht zu sehen, was andere Papierkünstler machen, sondern ich suche meine Inspiration an anderen Orten, etwa in alten Büchern oder in Museen. Es geht nie darum, etwas zu imitieren, sondern das eigene Thema und den eigenen Ausdruck zu finden. Ich lese sehr viel über Tiere und bin fasziniert von den großen naturhistorischen und naturkundlichen Museen dieser Welt. Ich beschäftige mich auch mit dem Artensterben und gefährdeten Tierarten wie zum Beispiel dem Pangolin, dem am meisten gewilderten Tier dieser Welt. In Deutschland wird es wohl auch Tannenzapfentier oder Schuppentier genannt.

LocalLIFE: Deine Tiere sind nicht einfach naturalistische Abbildungen, du fügst stets noch etwas dazu. Kannst du beschreiben, was das ist?
Alexandra Lukaschewitz: Ich suche immer wieder nach etwas Schrägem, einer Pose, einem Blick, etwas Besonderem. Als Kind habe ich davon geträumt, Paläontologie oder Archäologie zu studieren, um Altes, Vergangenes zu entdecken. Heute suche ich immer noch gern. Ich liebe alte Filme und Comics, aber auch die aufregenden Humboldt-Expeditionen. Aus diesem Fundus schöpfe ich, um den Charakter meiner Tiere zu schärfen. Natur und Popkultur werden eins.

LocalLIFE: Dein Laden hat noch keine festen Öffnungszeiten. Wie und wann können dich Interessenten kennenlernen?
Alexandra Lukaschewitz: Am besten ist es, per E-Mail einen Termin auszumachen. Zudem findet man mich auf Instagram: alexandra.lukaschewitz. Nächstes Jahr wird es auch sicher wieder kleine Veranstaltungen im Laden geben. Im März werde ich auf der TOCA ME eine Installation zeigen. Später im Jahr nehme ich gemeinsam mit anderen Künstlern und Schriftstellern an einer Ausstellung zum Thema „Tarot“ in der Orangerie teil. Ansonsten: Einfach anrufen: 0179 / 46 75 070.

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