Wir leben in einer Zeit, in der vieles möglich ist. Auch die Energiewende. Mag es vor 25 Jahren noch so gewesen sein, dass man Idealist und Visionär sein musste, um Atomkraft, nein danke! zu sagen. Heute sind wir weiter. Jeder kann den Hebel umlegen. Er muss es nur wollen. Wir besuchen zwei Unternehmen in Neuhausen und Gern, die sich besser auskennen: ZENKO und EVERGY. Wir sprechen mit Greenpeace und den Stadtwerken über Atomstrom. Und wir leisten uns eine neue Vision: die vom sauberen, leisen Elektroauto – gleich hier bei uns. Alles ist da. Wir müssen nur zugreifen.

Bis zum 11. März war Deutschland Strom-Exportland. Dann kam Fukushima – und Angela Merkel beschloss, acht Atomkraftwerke für drei Monate vom Netz zu nehmen. Bald geht ihre Denkpause zu Ende. Hat jemandem etwas gefehlt? Gingen die Lichter aus? Nein. Zwar gab es einige Momente, in denen wir Strom aus Nachbarländern beziehen mussten. Aber das war auch schon vor Fukushima der Fall. Es gibt keine nationalen Grenzen im Strom-Business.

Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, den schon einmal beschlossenen Ausstieg aus der Atomenergie endlich umzusetzen. Übernehmen wir – mit oder ohne Markus Söder – die Verantwortung dafür, setzen wir Zeichen in der Welt. In Deutschland ist die Kritik an der Atomtechnik weiter fortgeschritten als in anderen Ländern – was keinesfalls heißt, dass sie andernorts nicht existiert.

Zwei Dinge sind jetzt wichtig und machbar: den Energieverbrauch zu senken und erneuerbare Energien zu verwenden. Also Energie aus Sonne, Wasser, Wind und nachwachsenden Rohstoffen. Wir wollen die in Millionen Jahren entstandenen Ressourcen nicht länger für den Luxus weniger Generationen in die Luft blasen. Wir wollen kein CO2 mehr freisetzen, das unser Klima verändert. Und wir wollen keinen Atommüll produzieren, der auf Tausende von Jahren unberechenbar bleibt.

Solartechnik für zuhause – ein Sparmodell
Wir besuchen Alois Zimmerer, einen Pionier in Sachen Sonnenenergie, der heute das Unternehmen ZENKO in der Dom-Pedro-Straße leitet. Bayernweit vertreibt er solare Heizungssysteme mit verschiedensten Energieträgern und Photovoltaikanlagen zur saubereren Stromerzeugung. Wer immer seine alte Heizungsanlage energieeffizienter gestalten und den Anteil erneuerbarer Energien aufstocken will, ist bei ihm an der richtigen Stelle. Sein Unternehmen betreut ein großes Netz von Handwerkern, die den derzeit besten Hersteller von Solaranlagen, Solvis, einen in Braunsch-weig ansässigen Hersteller, überall einbauen können.

Ob Hauseigentümer, Mieter oder Eigentümergemeinschaft: Jeder kann etwas tun. Alles, was man braucht, ist ein Dach, das nicht nach Norden geht und möglichst schattenfrei ist. Sonnenkollektoren und Photovoltaik funktionieren in Deutschland, auch wenn die Sonnenstunden beispielsweise mit dem Mittelmeerraum nicht mithalten können. Aber wann immer sich die Sonne zeigt, können wir sie nutzen. Die Anlagen von Solvis sind so angelegt, dass sie bei Sonnenmangel je nach Wahl Öl, Gas, Holz und Biomasse ins Spiel bringen. Dafür, dass alles funktioniert, sorgt ein Softwareprodukt: der Energiemanager. „Solche Systeme sind heute Stand der Technik und empfehlenswert“, sagte Öko-Test zu den solarthermischen Kombianlagen 2010 von Solvis.

Auch die Gesetzeslage ist in Deutschland recht günstig. Wer Solarstrom in die Netze einspeist, erhält Bares dafür. Seit 2009 gibt es zudem auch Geld für den, der den eigenen Strom gleich selbst verbraucht. Wenn die Sonne scheint, die Waschmaschine starten. Wenn es regnet, das Waschen verschieben. Klingt ein wenig ungewohnt, ist aber einfach zu machen.

Eine normale Heizungsanlage arbeitet zwischen zwanzig und dreißig Jahre lang. Genauso robust sind die Anlagen von Solvis. Alois Zimmerer hat auch schon Häuser in Neuhausen modernisiert. Für alle Projekte lässt er erheben, wie viel Einsparung des Energieverbrauchs möglich ist. 30 Prozent sind immer drin, häufiger 50 Prozent, zuweilen noch mehr. Wer effizient Energie und Kosten im Griff haben will, sollte seine Heizkörper im Winter nicht durch die Couch oder Vorhänge verdecken, denn nur dann können sie richtig arbeiten.

Wir unterhalten uns mit ihm über die Macht der Verbraucher. Es gibt so viele Wege, den Energieverbrauch zu senken. Kühlschränke haben eine Lebensdauer von mehr als zehn Jahren. Wer jetzt einen neuen mit guter Energieeffizienz angeschafft, kann den Verbrauch stark reduzieren– sofern der alte entsorgt wird und nicht in der Garage weiterlaufen muss. Weg mit den verschwenderischen Glühbirnen, hin zu LEDs. Beim Stromverbrauch sind hohe Einsparungen unglaublich leicht zu realisieren, wenn einfache Dinge – wie Lichter und Geräte ganz ausschalten, wenn sie nicht gebraucht werden – bedacht und umgesetzt werden. Für Geräte mit Standby-Verbrauch gibt es schaltbare Steckdosenleisten, um den heimlichen Stromfressern keine Chance zu geben. Die Stadtwerke München werben unter anderem dafür, Backöfen nicht vorzuheizen und rechtzeitig abzustellen, um die Restwärme zu nutzen. Wer seinen Verbrauch drosselt, muss nicht darben. Aber er hilft, Atomkraftwerke überflüssig zu machen.

Erneuerbare Energien – in der Finanzwelt beliebt
Auch Evergy gibt es schon seit vielen Jahren. Dieses Unternehmen hat seinen Sitz von Nymphenburg nach Gern in die Malsenstraße verlegt und wird von drei Ingenieuren geführt, die sich darauf spezialisiert haben, Großprojekte mit erneuerbaren Energien aus technischer Sicht zu prüfen und zu bewerten – europaweit. Die Kunden des Unternehmens sind Banken und In-vestoren, die seit Jahren schon wissen, dass die Energieträger der Zukunft weder Öl noch Kohle sein werden. Wir treffen uns mit Jens Langenbrinck und sprechen mit ihm über Energiepolitik.

Erneuerbare Energien sind ein Milliardenmarkt, in dem sich Finanzinvestoren bewegen, die neue Formen der Geldanlage suchen, langfristig denken und Geld verdienen wollen. Mit der reinen Ökoszene der 80er hat das wenig gemein, aber dort liegen die Wurzeln. Schon vor 20 Jahren gab es das Stromeinspeisegesetz, das die kommerzielle Nutzung der Windenergie in Deutschland möglich machte. In diesem Jahrtausend wurde das „Gesetz für den Vorrang Erneuerbare Energien“ (EEG) unter anderen für die Photovoltaik geöffnet. Welche Rolle Deutschland für die erneuer-baren Energien spiele, wollen wir wissen. Jens Langenbrinck bestätigt, was wir angenommen hatten: Das Exportland Deutschland hat eine Vorreiterrolle. Mit der stabilen Gesetzeslage haben die Unternehmen eine hohe Investitionssicherheit. Andere Länder sehen das mit Interesse und folgen nach. Allerdings zeigen wirtschaftliche Krisenzeiten, dass Klimaschutz durch Erneuerbare Energien noch immer als Luxus empfunden und schnell gestrichen wird. Zum Beispiel in Spanien hat die Photovoltaik-Industrie durch die Finanzkrise erheblich an Schwung verloren.

Wir wollen wissen, ob wir im (unwahrscheinlichen) Fall einer zu geringen Stromerzeugung in Deutschland „Atomstrom aus Tschechien“ importieren müssen, und erfahren, dass wir auch Windenergie aus England oder Wasserenergie aus Norwegen beziehen könnten. Wir nehmen Norwegen als Ölland wahr, aber das Öl, das dort gefördert wird, geht überwiegend in den Export. Die Stromerzeugung in Norwegen selbst stammt zu 90 Prozent aus Wasserkraftwerken. Im Moment ist der Stromtransport noch eine größere Herausforderung. Aber es wird daran gearbeitet. So wie an der Aufgabe, die Sonnenenergie billiger und besser zu nutzen. Während die Windenergie hinsichtlich der Stromerzeugungskosten weitgehend ausgereizt ist, erklärt uns Jens Langenbrinck, sind für die Photovoltaik noch ganz erhebliche Verbesserungen zu erwarten. Die Preise haben sich in den letzten fünf Jahren in etwa halbiert und diese Entwicklung wird sich weiter fortsetzen.

Bestimmen, was im Stromsee fließt …
Eine Entscheidung, die jeder Stromkunde heute treffen kann: auf reinen Ökostrom umstellen. Doch, das geht. Durch unsere Nachfrage bestimmen wir Verbraucher, wie der Strom erzeugt werden soll. Das bedeutet zwar nicht, dass der Strom in den Steckdosen zu Hause tatsächlich wie gewünscht produziert wurde, er stammt aus dem großen Stromsee, der von allen Erzeugern gespeist wird. Aber wenn 20 Prozent aller Menschen Ökostrom wünschen, werden 20 Prozent tatsächlich aus erneuerbaren Energien hergestellt. Wer beispielsweise Kunde bei den Stadtwerken München ist, kann über Internet auf Ökostrom umstellen – und dabei sogar Geld sparen. Wer über den Strompreis noch einen kleinen Aufpreis für den Ausbau der erneuerbaren Energie zahlen kann, findet viele weitere Angebote: Lichtblick beispielsweise bietet Ökostrom an – und fördert den Regenwald. Der Wechsel dorthin kann unter anderem in der Postbank Winthirstraße beantragt werden. Wir verweisen auf Greenpeace, Naturstrom und viele andere Anbieter, die sich über neue Kunden freuen und bei der nicht wirklich komplizierten Umstellung helfen. Niemand ist heute auf die großen Energieriesen angewiesen, die den für sie günstigen Atomstrom in die Märkte drücken.

Warum nicht Elektroauto fahren?
Irgendwann müssen wir anfangen mit der Elektromobilität.
Warum nicht jetzt? Elektroautos sind frei von Emissionen, sofern sie mit Ökostrom angetrieben werden, und sie sind so leise, dass derzeit diskutiert wird, ob man ihnen einen Ton geben muss, damit die Menschen sie wahrnehmen. Die Batterien der Autos reichen im Moment für etwa 150 Kilometer. Das ist mehr als die meisten Menschen an einem Tag fahren. 80 Prozent aller Interessenten wollen ihr Auto über Nacht zuhause über einen ganz normalen Schukostecker aufladen. Das ist machbar. sprachen mit Marcus Schmitt, dem Chef von Q-Charge, einem in Berlin ansässigen und europaweit agierenden Unternehmen. Er erklärt uns, dass sein Unternehmen hier und heute Ladestationen aufstellen kann, die die freie Wahl des Stromanbieters garantieren. Dank einer intelligenten Software kann der Besitzer mit seiner Q-Card Strom vom Hersteller seiner Wahl beziehen: von E.ON, von den Stadtwerken München, von Greenpeace. Natürlich wünscht sich Q-Charge, dass möglichst viele Menschen Ökostrom laden. Darum stattet es die eigenen öffentlichen Ladestationen, die derzeit überall in Europa entstehen, nur mit Ökostrom aus. Wer sich keine eigene Ladestation leisten mag, wird sich freuen, dass die Stadtwerke München rund 30 öffentliche Ladestationen in Betrieb nehmen werden – drei davon in Neuhausen-Nymphenburg. Die Station in der Landshuter Allee 54 sei in Betrieb, sagt die Homepage der SWM.

Viel Spaß bei der Energiewende. Und aufgepasst: Der Umstieg wird sicher auch eigene Energien freisetzen!