Wir hatten keine Ahnung von ihrer Existenz, als wir unter der Donnersbergerbrücke eine dunkelgraue Bahn entdecken, auf die mit grünen und hellgrauen Lettern der Name RailAdventure geschrieben stand. Natürlich fragten wir uns sofort, was es mit diesem Versprechen auf Abenteuer wohl auf sich haben möge. Wir kennen die Deutsche Bahn und die Bayerische Oberlandbahn, sehen unterwegs in Bayern auch schon Züge, die Alex oder Agilis heißen. Aber welche Geschichte würde sich hinter diesem flotten Schienenfahrzeug verbergen?

Das Rätsel blieb zunächst ungelöst und fast hätten wir es sogar ganz vergessen, wenn wir nicht ein paar Wochen später bei einem Bummel in der Blutenburgstraße auf ein kleines Lädchen aufmerksam geworden wären, in dessen Schaufenster eine graue Mini-Bahn stand, die eindeutig den gleichen Designer hatte wie der Zug an der Donnersbergerbrücke. RailAdventure – da war es wieder. Vorsichtig berührten wir das goldene Quadrat an der Scheibe, und die Bahn setzte sich in Bewegung. Unsere Neugier war wieder entfacht.

Bevor wir nun anfragten, ob wir als localLIFE-Redaktion mal auf ein Gespräch vorbeischauen dürften, warfen wir einen schnellen Blick ins Internet: Ja, es gibt eine Firma namens RailAdventure, sie stellt sich unter www.railadventure.de vor. Wie das Schaufenster spricht auch die Website die Sprache des Schienenverkehrs. Ihre ersten Texte sind wie Wagons aneinandergehängt, und so ziehen sie wie ein Zug unter einigen Schönwetterwölkchen gemütlich an uns vorbei.

In die Zukunft schauen

Abenteuer Eisenbahn: Das ist das Geschäft der drei Gesellschafter des 2010 gegründeten Unternehmens RailAdventure, in dem Menschen aus der Bahn- und Flugindustrie zusammenarbeiten, um weitere Menschen für die Eisenbahn zu begeistern. Nein, sie sammeln keine Modelleisenbahnen, tragen keine historischen Schaffneruniformen und überbieten sich auch nicht im Aufsagen sämtlicher Loktypen. Ihr Blick ist eher Richtung Zukunft gewandt. Sie halten die Eisenbahn für eine coole Sache, glauben, dass dieses Verkehrsmittel ein viel höheres Ansehen bei den Menschen haben könnte – oder müsste –, und stellen vorhandenen Erfahrungen und Klischees besonders angenehme Bahnfahrten gegenüber: Reisen mit RailAdventure. Zu diesem Zweck haben sie ihre eigene Bahn aufs Gleis gesetzt.

Abenteuer unterwegs

Die Sache gefällt uns. Während wir es uns in zwei komfortablen Originalsitzen des berühmten Transeuropa-Luxuszuges „Rheingold“ gemütlich machen, erzählt uns Alex Dworaczek mehr über das Unternehmen, dessen Angebote und Zukunftspläne: RailAdventure ist eins von 400 zugelassenen Eisenbahnunternehmen in Deutschland – von denen rund 200 tatsächlich aktiv sind. Es hat die Lizenz, „Slots“ im Schienennetz zu bestellen und selbst mit eigenen Lokführern darauf zu fahren. Dies geschieht fast immer im Auftrag von Kunden, wenn sie eigene Events wie Hochzeiten, Betriebsfeiern oder Gruppentransporte mit einer Bahnfahrt verbinden.

Oder es gibt einen Spezialauftrag: Alex Dworaczek erzählt uns das Beispiel, wie jüngst eine in Spanien gebaute Bahn für Saudi-Arabien – zu schwer und zu breit, um sich frei und legal im deutschen Schienennetz bewegen zu können – auf dem Binnenschifffahrtsweg von der Nordsee ins Testcenter nach Tschechien gebracht werden sollte, allerdings bald wegen Niedrigwassers der Elbe in Magdeburg strandete. Man fragte bei RailAdventure an, das Unternehmen fand im Dschungel der europäischen Vorschriften eine Lösung und durfte das schwere Gefährt auf den Schienen ausnahmsweise nach Tschechien schleppen. In diesem Fall lag das Abenteuer – vollkommen untypisch für Projekte – weniger beim Auftraggeber als bei RailAdventure selbst.

Luxusobjekt Bahn

Für den Schienverkehr sprechen viele Argumente: Die Bahn spart CO2, das Netz ist dicht und grenzüberschreitend. Tag für Tag sind allein in Deutschland 40.000 Züge unterwegs, sie erbringen große Leistungen trotz vieler Widrigkeiten. „Der Verkehrsträger Schiene kann mehr als die Gesellschaft ihm zugesteht“, sagt Alex Dworaczek. „Genau darum bieten wir Fahrten an, die Menschen begeistern. Unsere Argumente sind Kundenfreundlichkeit, Emotion, Geschwindigkeit, Design, Gastronomie, Komfort und Service.“ Vor kurzem hat RailAdventure eine Gruppe von Managern exklusiv zu einem Umwelttreffen transportiert, Menschen, die sonst eher individuell mit dem Flugzeug anreisen. Bei der gemeinsamen Bahnfahrt mit persönlichem Ambiente und bestem Service entstand ein nie gekannter intensiver Austausch. „Als sie am Ziel ankamen, hatten sie einen Großteil der anstehenden Aufgaben schon informell gelöst“, erzählt uns Alex Dworaczek freudestrahlend.

Kooperation mit der Lufthansa

Um Service auf höchstem Niveau anzubieten, hat RailAdventure eine Kooperation mit Lufthansa- Flugbegleitern der ersten Klasse abgeschlossen. Diese begleiten die Truppe in eigenen Uniformen. Sie stehen auch bei neuen Projekten mit Rat und Tat zur Seite. So werden sie beispielsweise eingebunden sein in den Umbau eines alten Glaskuppelwagens des „Rheingold“, der als „Domecar“ in neuem Glanz und höchst modern mit attraktiven Lounges von RailAdventure auf die Schiene gebracht werden soll. Der Wagen wird derzeit gemeinsam mit Partnern umgebaut.

Dass die Bahn außer einer großen Vergangenheit auch eine starke Zukunft haben wird, zeigen uns auch die jungen Schulkinder, die vor dem Schaufenster von RailAdventure stehen, sich die Nase plattdrücken und darum kämpfen, die Bahn als Nächster starten zu dürfen. Wehe, wenn nicht jeder an die Reihe kommt! Wahrscheinlich träumen sie davon, irgendwann selbst eine Lok zu steuern. Der ein oder andere wird vielleicht als Ingenieur oder Bahneigentümer dazu beitragen, der Mobilität auf Schienen neuen Glanz zu verleihen – so wie es die jungen Unternehmer auf der anderen Seite der Scheibe vormachen.

Ach ja, einen Geschenktipp für Weihnachten haben wir auch entdeckt: den Bildband „Männer und ihre Lokomotiven“ – für 12,90 Euro erhältlich in der Blutenburgstraße 37 oder über den Online-Shop auf www.railadventure.de.

Bahnfahren
ist Umweltschutz