Stefan Wieber ist Schuhmachermeister mit Leib und Seele. Die freundliche Werkstatt ist seit 52 Jahren in Familienbesitz. Gemeinsam mit seiner Frau Waltraud hatte er sie von den Eltern übernommen. Auch heute noch riecht es nach Leder und Leim – am Handwerk des Schusters hat sich nämlich so gut wie nichts verändert. Da kommen zerstörte Schuhe ins Haus, die man in zehn, fünfzehn Arbeitsschritten wieder auf Vordermann bringt. Stefan Wieber, der auf dem Weg zum Meister natürlich auch selbst Schuhe gefertigt hat, erzählt vom Schneiden und Kleben, vom Füllen, Nageln, Pechen und Nähen. „Wenn es eine Maschine geben würde, die das erledigen könnte, würde sie in jedem Discounter stehen“, sagt er zwinkernd. Aber die gibt es nicht. Wir machen wirklich Handarbeit wie eh und je.
Verändert haben sich aber die Schuhe: Da gibt es Wanderschuhe mit Weichmachern, deren Sohlen nach ein paar Jahren am UV-Licht scheitern. Selbst teuere Designerschuhe verzichten immer häufiger auf Lederkappen, sie werden mit Pappkarton stabilisiert. Absätze bestehen aus gepresstem Abfall. Und die Nähte teurer Lederschuhe sind nicht versenkt, sondern dem Verschleiß durch Bodenkontakt unmittelbar preisgegeben. Manchmal ist es zum Haareraufen, auch wenn es für einen Schuhmacher prima sein sollte, dass so viel Arbeit anfällt. „Einige Kunden bringen ihre nagelneuen Schuhe erst einmal zu uns, damit wir sie aufwerten.“ Die meisten Menschen kommen aber natürlich erst dann, wenn Sohlen abgelaufen oder Nähte gerissen sind. Dann rettet Stefan Wieber die großen und kleinen Sommer- und Winterschuhe, die eigentlich verloren sein müssten, weil anstelle von Kork und Leder auch Gummi und PVC, gehärtete Schäume und allerlei Restmüll verarbeitet wurden. Wenn der Patient dann wieder in Top-Form vor ihm steht, kann der Schuster aufatmen. Jetzt fühlt es sich wieder an wie ein Traumberuf.
Romanstraße 1