Es ist Frühling, Zeit wieder nach draußen zu gehen. Einfach mal den Computer ausschalten, die Wohnung verlassen, den Vögeln zuhören – und nach den Pflanzen sehen. Okay, nicht jeder hat einen Garten vor der Haustür oder einen Kleingarten um die Ecke. Aber das macht nichts. Sind nicht überall zwischen Parkplätzen und unter den Bäumchen der Stadt kleine Erdfleckchen, die trostlos ausschauen und mehr aus sich machen könnten? Nichts wie ran! Schnell noch ein paar Nachbarn fragen, ob sie helfen werden, dann geht’s los.
Um es vorweg zu sagen: Erlaubt ist es nicht, sich einfach der öffentlichen Grünflächen anzunehmen und ein paar wachsende Botschaften in die Erde zu stecken. Aber es macht Spaß – und bringt Leben in die grauen Straßen. Entsprechend liberal gehen Stadt und Ordnungsbehörden mit Guerillagärtnern um, wenn sie sie auf frischer Tat bei ihren Aktionen ertappen. Ganz zu schweigen von all den Passanten, die sich offen freuen, und den Anwohnern, die irgendwann selbst zur Gießkanne greifen und darauf achten, dass aus all den Zwiebeln und Samenbomben bunte Beete werden. Man muss also nicht befürchten, wie einst Che Guevara erschossen zu werden, wenn man – sei es als Nacht-und-Nebel-Aktion oder als fröhliches Bürgerfest mit Vorankündigung – Guerillagärtner wird. So viel ziviler Ungehorsam darf sein, vor allem natürlich hier in Bayern, wo man die Staatsanwälte nicht allein darüber befinden lässt, ob einer als Lichtgestalt zu sehen ist. Anarchie ist machbar, Nachbar!
Was wollen Guerillagärtner? Vieles! Als Stadtmenschen wollen sie sich wieder erden. Sie wollen Pflanzen wachsen sehen, ihre Umwelt mit Leben beseelen. „Lächle beim Vorbeispazieren“, empfehlen die Münchner Guerillagärtner auf ihrer Homepage. Entstanden ist die Bewegung in den siebziger Jahren im wirklich urbanen New York. Anfang des neuen Jahrtausends sagten die Menschen in London, dass sie die Straßen zurückerobern wollen. In München wurden die ersten Aktivitäten 2009 von Green City e. V. initiiert. Guerillagärtnern renaturiert die Städte. Es belebt die geschundene Natur. Die Augen bekommen Verweilangebote. Und es macht wahnsinnig viel Spaß, gemeinsam mit anderen zu arbeiten: Beete zu planen, Stauden vorzubereiten, Samenbomben zu formen, Moosgraffiti (für Betonwände) mit Joghurt anzurühren. Es ist ja nicht damit getan, einfach nur Gewächse einzubuddeln. Guerillagärtner gießen selbst oder stiften Anwohner an, das Gießen zu übernehmen. Sie pflanzen dornige Rosen, wenn ein Hund ihr Beet zerstört. Sie sind ständig auf der Suche nach Pflanzen- und Sachspenden und weiteren Beeten.
In Haidhausen hatte die Münchner Sache ihren Anfang genommen. Eine kleine Gruppe bunter Menschen hat sich unter Anstiftung von Green City e. V. zusammengetan und ein Netzwerk aufgebaut, das sich nun auch über das Internet und Facebook (also gelegentlich doch mal in den Computer schauen!) orga-nisiert. Dort werden Termine vereinbart, Vorschläge für die nächste Bepflanzungsaktion in die Runde gegeben, gemeinsame Filmabende festgelegt und Kleidertauschpartys verabredet. „Eine andere Welt ist pflanzbar“, sagen sie uns. Und: „Einfach anfangen!“
Genau. Neuhausen ist ein wunderbares Pflaster. Darunter könnte gegraben werden. Wir haben gehört, dass möglicherweise eine subversive Aktion stattfinden könnte. Bald, im April vielleicht. Es müssen nur noch entsprechende Beete, idealerweise mit Wasseranschluss in der Nähe, gefunden werden. Tipps von Insidern könnten die Sache beschleunigen! Dann werden wir doch gleich mal die Gießkannen aus dem Keller holen, die gute Komposterde in Eimer füllen, den Lack von den Nägeln entfernen – und alle
netten Menschen fragen.
http://guerillagardeningmunich.weebly.com/
http://www.greencity.de/