Man muss nicht immer ins Flugzeug steigen, um in neue Welten einzutauchen. Das Chopan – ein wenig versteckt im St.-Vinzenz-Viertel – beispielsweise kann über ein paar Stufen schnell erklommen werden. In ein paar Sekunden heißt es dann: Willkommen im Land der Paschtunen. Willkommen in einem Land, das mehr zu bieten hat als Krieg und Taliban.

Allein wegen der Einrichtung ist der Besuch des Chopan empfehlenswert, besonders jetzt in der dunklen Jahreszeit, weil es die Seele wärmt. Willkommen im Morgenland! Das Licht ist gedämpft, aber es setzt viele Akzente, fast wie der Sternenhimmel. Die Räume sind rot, orange und goldfarben gestaltet, es gibt Nischen mit Kissen, Baldachine, prächtige Schmuck-Kordeln und feine Verzierungen überall. Ein Ort, um abzuschalten, sich fortzuträumen, Richtung Hindukusch, Richtung Seidenstraße. Oder um eine neue Liebe zu beginnen – vielleicht eine alte aufzufrischen. Eine Oase mitten in München, wo es zwar viele Restaurants, aber nur wenige afghanische Gastronomiebetriebe gibt.

Mit einem „Hugo“ stimmen wir uns auf den längeren Abend ein, der neben beachtlichen Gaumenfreuden auch wundervolle Gespräche über das Leben und gutes Essen bringen wird. Der Aperitif ist nicht ganz billig, aber die frische Minze, reichlich angeboten, lässt den Preis bald wieder vergessen, zumal sie den geschmacklichen Bogen schlägt zur ersten von drei köstlichen Saucen, die zur Vorspeise gereicht werden: der grünen Kräutermixtur, bestehend aus Minze und aromatischem Koriander. Im zweiten Schälchen finden wir ein leicht säuerliches Chutney mit Paprika aus eigener Produktion vor, im dritten ein vorzügliches Joghurt-Dressing auf Kardamom-Basis. Das passt gut zur gewählten Vorspeise: Kadoo Kürbis. Inhaber und Küchenchef Qais Saadat hat viel aus dem Gemüse herausgeholt und es mit feinen Gewürzen zu einer der Spezialitäten des Hauses entwickelt. Serviert wird das mit Quark verfeinerte Gericht mit Fladenbrot.

Die Karte des Chopan macht es nicht leicht, eine Auswahl zu treffen, aber glücklicherweise gibt es einige Tagesempfehlungen. Wir entscheiden uns nicht für die Lamm- und Hühnergerichte, sondern testen zwei vegetarische Leckereien: Quabeli Palau und Samarod Palau. Ersteres ist ein Reisgericht mit Karotten, Mandeln, Pistazien und Rosinen, zu dem wir als Beilage einen frischen Spinat wählen. Köstlich, diese Kombination! Das zweite Gericht kommt grün-weiß gesprenkelt daher, es ist ein typisches Reisgericht mit Spinat, für das wir als Beilage ein Auberginengemüse wählen. Auch das ist eine Gaumenfreude!
Qais Saadat erzählt uns, dass er das Lokal 2003 eröffnet hat. Seitdem lebt er von der Mund-zu-Mund-Propaganda zufriedener Gäste. Soeben hat ihm der Prinz Top Guide 2012 fünf Sterne in der Kategorie „Orient“ verliehen – und das war nicht die erste Auszeichnung, die das Chopan erlangen konnte. Auch Delikat essen hatte vor wenigen Jahren in der Kategorie „Die weite Welt“ zur Höchstzahl seines Bewertungssystems gegriffen.

Zwar sind wir schon reichlich satt und sehr zufrieden, aber Platz für ein Dessert muss einfach sein. Wir sind sehr angetan von der leichten Mangocreme und begeistert vom Pistazienpudding „Ferni“, der intensiv und fein – unter anderem mit Bitterorange gewürzt – noch einmal die ganze Pracht der orientalischen Küche entfaltet.

Als Bewohner Neuhausens freuen
wir uns darüber, ein solches Schmuckkästchen in unmittelbarer Nachbarschaft zu haben. Bei uns hat die Erfolgsgeschichte des Chopan begonnen – die nun mit einem zweiten Laden, dem Chopan II, ihren weiteren Lauf nimmt. Wir wünschen viel Erfolg auch in der Rosenheimer Straße 6.

Warme Farben, ein freundlicher Eigentümer und stimmungsvolle Lichteffekte